Gestern ist bei uns im ganzen Haus der Strom ausgefallen, eine defekte Leitung sorgte für einen komplett stromlosen Tag. Zum Glück war unser Gefrierschrank gerade nicht so voll und wollte eh mal abgetaut werden und die Kühlschranksachen ließen sich mit Kühlakkus besänftigen. Was ich an der Situation spannend fand war zum einen die Abhängigkeit, die einem durch so etwas vor Augen geführt wird. Noch deutlich spürte ich aber wie programmiert ich für viele Dinge bin. Obwohl ich wusste, dass es keinen Strom gibt, das Licht also nicht funktioniert, habe ich unzählige Male in Richtung Lichtschalter gegriffen. Das hat mich angeregt darüber nachzudenken, wie viele solcher kleinen Programmierungen ich im Alltag und auch im Umgang mit Pferden habe. Die Art wie ich mein Telefon aus der Tasche ziehe, die Art wie ich meine Garage öffne, die Art wie ich ins Auto einsteige. Gibt es DIE Art, wie ich meinen Pferden begegne, wie ich sie ansehe, mit ihnen spreche, sie anfasse? Natürlich variiert das in Situationen, aber auch im Umgang mit unseren Pferden gibt es so viele Abläufe, die man ganz selbstverständlich ausführt.
Ich versuche mir diese Abläufe immer so bewusst wie möglich zu machen. Ich möchte Lucia z.B. nicht nebenbei auftrensen – es ist für uns eine Art Ritual: Sie sieht die Trense, öffnet ihr Maul, nimmt das Gebiss, das ich ihr freihängend hinhalte, ich streife ihr das Kopfstück vorsichtig über die Ohren und dann gibt es einen Keks. Das machen wir so seit ich ihr das erste Mal ein Gebiss vorgesetzt habe. Ich musste sie seitdem noch nie auffordern ihren Mund zu öffnen. Dieser Ablauf ist für sie so selbstverständlich, wie für mich der Griff zum Lichtschalten. If this – than that. Keine Sorgen, kein Unwille – eine ganz einfache Handlung mit ganz einfacher Folge.
Genau so möchte ich, dass Pferde mein Training wahrnehmen: Logisch, verständlich, zielführend. Wenn ich das mache, passiert das – VORHERSEHBAR! Darum ist mir eine feine Hilfengebung so wichtig. Es kostet das Pferd auch Energie auf eine Hilfe nicht zu reagieren, einem stärker werdenden Schenkel- oder Zügeldruck standzuhalten. Das Pferd tut sich damit keinen Gefallen, kann sein Verhalten aber nicht reflektieren und feststellen, dass es unpraktisch ist. Das Pferd hat nun die Chance aus Erfahrungen zu lernen.
Je logischer ich diese Erfahrung gestalten kann, desto schneller der Lerneffekt. Jede Hilfe ist so gestaltet, dass sie sich selbst erklären kann.
Zum Beispiel ein ganz leichter Zug am Strick für Rückwärts. Kommt keine Reaktion verstärke ich den Druck und beginne leicht zu ruckeln - ich mache die Situation ungemütlicher. Sobald eine Reaktion erfolgt hört der Druck auf, zusätzlich lobe ich über die Stimme. Das Pferd lernt, dass es angenehmer, sogar entspannter ist gut zuzuhören. Als Flucht- und Beutetier ist das Pferd darauf angewiesen Energie zu sparen und wird immer den Weg des geringsten Aufwandes suchen. Gelingt es mir, meinen Weg als eben solch einen darzustellen, ist mein Pferd gern bereit mir zuzuhören